Wer war Kaspar Hauser?
Herkunft und Tod der historischen Figur ist von vielen Spekulationen umrankt. Kaspar Hauser tauchte am Pfingstmontag 1828 verwahrlost in Nürnberg auf, geschätzte 16 Jahre alt, nur weniger Worte mächtig. Ein junger Lehrer nahm ihn auf und bildete ihn aus. Ihm wurden hochempfindliche Sinneswahrnehmungen und ein ganz besonderes Gedächtnis zugeschrieben. Seine Liebe zu Tieren, Gutmütigkeit und Liebenswürdigkeit, seine Begabung als Tänzer brachten ihn in die „bessere Gesellschaft“ – als ein exotisches Wesen. Nur vier Jahre nach seinem Auftauchen starb er laut Geschichte im Dezember 1833 an den Folgen eines Angriffs. Manche sahen in ihm den erstgeborenen Sohn des bayrischen Großherzogs Karl und Stephanie Beauharnais, der Adoptivtochter des französischen Kaisers Napoléon Bonaparte – demnach hätte er regierender Prinz von Baden werden müssen. War Kaspar Hauser ein verstoßenes Kind?
Jeder Mensch ist einzigartig
Die Figur Kaspar Hauser ist für uns das Sinnbild für die Grundhaltung, dass jeder Mensch, egal welche Einschränkungen er im Leben erfahren hat, eine wertzuschätzende, sich entwickelnde Persönlichkeit ist. Kaspar Hauser steht für die Fähigkeit, in jedem Menschen das Besondere und Einzigartige zu erkennen. Die Symbolfigur stellt damit die Frage nach der Identität des Menschen. Wer bin ich? Was ist Menschsein? Als Projektionsfläche für das Fremde symbolisiert er die Angst vor dem Unbekannten. Wie nimmt die Gesellschaft ihn auf? Wie gehen wir mit den Menschen um, die traumatisiert sind oder besondere Bedürfnisse haben?
Reibungsfläche und Symbolfigur
Romane, Erzählungen, Filme, Musik- und Theaterstücke spiegeln die unterschiedlichen Facetten der historischen Kaspar-Hauser-Figur. Für Kurt Tucholsky, Paul Verlaine, Jakob Wassermann, Rilke, Werner Herzog u.v.a. setze die Figur einen schöpferischen Prozess in Gang. Psychologen, Kriminologen, Soziologen und Pädagogen studierten den Fall Kaspar Hauser. In unserer Stiftung beschäftigen wir uns in Kunstprojekten mit der Figur Kaspar Hauser. Die Bilder des Kaspar Hauser Zyklus werden vielfach ausgestellt und finden große Beachtung. Auch das mit Beschäftigten der Stiftung aufgeführte Theaterstück brachte für alle eine intensive und kreative Auseinandersetzung mit unserem Namenspatron.